Im Frühjahr ist der Weinberg emotional 

4 April 2023

Finden wir heraus, was in diesen Frühlingsmonaten mit den Pflanzen geschieht, die nach dem Winter Knospen treiben.

Der Frühling ist für die Rebe die emotionalste Zeit: Die Pflanze „weint“ in dieser Jahreszeit, weil der lymphatische Kreislauf reaktiviert wird und die Rebe beginnt alle Knospen zu versorgen, was in den (frühreiferen) Gebieten, die dem Anbau von Chardonnay gewidmet sind, bereits begonnen hat.
Und vor dieser Wiedergeburt gab es das Eingreifen des Menschen, der sich in den letzten Monaten um den Winterschnitt gekümmert hat.
Aber gehen wir der Reihe nach vor. Das Schneiden dient der Kontrolle des Wachstums der Pflanze: In einem Weinberg steht der domestizierten Rebe nur ein bestimmter Platz für jede Pflanze zur Verfügung. Aus diesem Grund muss die Rebe eingegrenzt werden, und die Teile, die über den so genannten „Pflanzabstand“ hinausgehen, der je nach Pflanzdichte und gewähltem Erziehungssystem mehr oder weniger groß ist, müssen abgeschnitten werden. Dies ist der ihr vorbestimmte Raum, der für ihr Einpflanzen nötig ist und ihr erlaubt die Trauben hervorzubringen, die für die Herstellung unserer Weine nötig sind.
In der Natur ist die Rebe eine akrotonisch definierte Pflanze mit apikaler Dominanz. Erinnern wir uns daran, dass sie in jeder Hinsicht eine Liane ist, eine Pflanze, die mit anderen Bäumen konkurrieren musste, um das Licht zu erreichen und sich daher dementsprechend entwickelte. Die zuerst sprießenden Knospen sind daher die, die am weitesten von der Pflanze und ihren Wurzeln entfernt sind. Die Rebe versucht sich soweit wie sie kann von den Wurzeln zu entfernen, damit die Traubenkerne so weit weg wie möglich fallen, um zu vermeiden, dass sie mit sich selbst in Konkurrenz tritt. Je mehr Samen für neue Pflanzen entfernt fallen, umso mehr Platz hat jede Pflanze für sich selbst. Auch wenn die Rebe den größten Teil ihrer weit von sich selbst entfernten Reproduktion den Tieren zu verdanken hat: Die Beeren sind süß, damit sie für die Tiere, die für ihre Verbreitung verantwortlich sind, appetitlich sind. Indem sie die Beeren fressen, helfen die Tiere der Rebe zu „wandern“ und sich weit entfernt zu reproduzieren.


Das Beschneiden ist also unverzichtbar: Wenn man einen Apfelbaum nicht beschneidet, behält die Pflanze mehr oder weniger die gleiche Form. Wenn man eine Rebe nicht beschneidet, verändert sie sich völlig und wird unkenntlich, und wir, die wir sie aufziehen möchten das nicht, sie muss in ihrem festgelegten Raum bleiben und maßvoll wachsen.
Der Rebschnitt ist nicht nur der Vorgang des Schneidens, sondern umfasst auch das Entfernen von Trieben, die im nächsten Jahr nicht mehr benötigt werden, aber im Vorjahr der Produktion dienten. Danach folgt das Biegen, das darauf abzielt, die vegetative Entwicklung der Pflanzen einzudämmen und zu harmonisieren.


Kurzer oder langer Rebschnitt? Man wählt den Einen oder den Anderen, je nach önologischen Zielen, aber vor allem in Funktion der Sorte. Je nach Sorte hat nämlich die Rebe eine basale Fruchtbarkeit, d. h. schon die ersten Knospen des Triebs sind fruchtbar, und eine distale Fruchtbarkeit, d. h. es gibt Sorten, deren Triebe ab der vierten Knospe Trauben hervorbringen.
Beim kurzen Rebschnitt, der z. B. am Spornkordon vorgenommen wird, ist kein Biegen erforderlich, während beim langen Rebschnitt, der für Erziehungssysteme wie Guyot, Pergel und „Tendone“ verwendet wird, ein Biegen des Fruchtansatzes erfolgen muss, das dazu dient, die Akrotonie, den Wunsch der Pflanze „hinauszuwachsen“, abzuschwächen, oder vielmehr zu täuschen und die Trauben über den gesamten Fruchtansatz in vorbestimmten Höhen über die Struktur zu verteilen. Dieser Vorgang ist also entscheidend für den endgültigen Ertrag und ermöglicht, das Wachstum zu kontrollieren und es auf unsere Ziele auszurichten. 


Dies ist auch der richtige Zeitraum, um den Boden zu bearbeiten und die so genannte „Unterreihe“, d. h. den Teil des Bodens unter den Pflanzen und zwischen den Rebreihen, zu behandeln. Die Unterreihe wird je nach Bedarf entweder bearbeitet, oder begrünt gelassen, um eine Konkurrenz zwischen den krautigen Pflanzen und der Rebpflanze zu schaffen, oder um den Boden zu bedecken, damit er nicht erodiert oder zu stark austrocknet. Die Begrünung ist auch für die Erhöhung der biologischen Vielfalt im Weinberg von grundlegender Bedeutung. Auch in diesem Fall hängt alles von den Entscheidungen und den Zielen ab.


Dies ist auch der Zeitpunkt, an dem die im Herbst gepflanzte Gründüngung zu wachsen beginnt, weil sie den Frühling „fühlt“. Das Wachstum dieser krautigen Pflanzen, wie z. B. der Leguminosen, ist in der Lage, den Stickstoff aus der Luft im Boden zu binden: erinnern wir uns, dass er etwa 78 % dessen ausmacht, was wir einatmen. Er dient nicht nur dazu wertvolle Nährstoffe zu bieten, sondern zeigt dem Winzer auch an, dass der Frühling begonnen hat.


Aber es gibt noch ein weiteres Element, das diesen ankündigt: Es ist die Knospung. In genau diesen Wochen bilden sich aus den Knospen der vorangegangenen Saison die Triebe, die die künftige Vegetation darstellen. Einige Triebe sind produktiv, andere nicht. Wenn die Pflanze ausgetrieben hat und die neuen Triebe eine bestimmte Größe erreicht haben, treffen wir eine weitere Auswahl, das Ausgeizen, und lassen nur die Triebe, die den Produktionszielen dienen und die für den Schnitt im nächsten Jahr von Interesse sind. Dies ist der so genannten Grünschnitt, oder Sprossenauslese, die etwa Mitte April stattfindet.
Für diejenigen, die eine Produktion auf einem neuen Weinberg beginnen, ist es auch der ideale Zeitpunkt für eine Neuanlage und die Anpflanzung neuer Rebstöcke.

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